In memoriam Hans-Jürgen Karp

von Johannes Götz

Der Historische Verein für Ermland trauert um seinen verdienstvollen Ehrenvorsitzenden und langjährigen Herausgeber der Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands.

Foto: Privat

Der am 20. Februar 1935 im westpreußischen Marienwerder geborene Theologe und Historiker Dr. Hans-Jürgen Karp war in seinem gesamten wissenschaftlichen Wirken Ermland und Ostpreußen verbunden. Nach Abschluss des Studiums der Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Königstein studierte Karp an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms- Universität in Bonn Geschichte und Germanistik. Dort wurde Karp 1969 bei Paul Egon Hübinger mit dem mediävistischen Thema „Grenzen in Ostmitteleuropa während des Mittelalters. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Grenzlinie aus dem Grenzsaum Begriff und Wirklichkeit der Grenzen in Ostmitteleuropa während des Mittelalters“ promoviert (erschienen 1972). Nach anschließender Assistenztätigkeit bei Bernhard Stasiewski am Lehrstuhl für Kirchengeschichte an der Universität Bonn kam er 1973 als wissenschaftlicher Referent an das heutige Herder-Institut für historische Ostmitteleuropa-Forschung in Marburg. Dort fungierte er von 1982 bis 1990 als Herausgeber der Zeitschrift für Ostforschung. Von 1990 bis zu seiner Pensionierung 1998 war Karp stellvertretender Direktor des Instituts, unterbrochen von einer kurzzeitigen Tätigkeit 1995 als Direktor. 1973 wurde Karp in die Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung gewählt. Von 1989 bis 2014 gehörte er als Beisitzer deren Vorstand an und wurde 2015 zum Ehrenmitglied ernannt. Seit 1974 war Karp zudem für den Johann Gottfried Herder-Forschungsrat tätig.

Bereits 1956 trat Karp in den 1955 in der Bundesrepublik wiederbegründeten Historischen Verein für Ermland (HVE) ein. In den Vorstand wurde er erstmals 1967 gewählt und mit dem Amt des Schriftführers betraut. Diese Funktion übte er bis zu seiner Wahl zum Vereinsvorsitzenden 1989 aus. Nach 25 Jahren an der Spitze des HVE rückte Karp 2014 auf eigenen Wunsch in die "zweite Reihe" und fungierte als stellvertretender Vorsitzender, was er bis zu seinem Ausscheiden 2018 geblieben ist. Nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand und bis kurz vor seinem Tod nahm Karp weiterhin aktiv an der Vereinsarbeit Anteil. 1968 übernahm Hans-Jürgen Karp die Schriftleitung des schon vor dem Krieg bestehenden Vereinsmitteilungsblatts Unsere ermländische Heimat, die er mit wenigen Jahren der Unterbrechung bis 2019 ausübte. Von 1971 bis 2022 fungierte er als Redakteur und Herausgeber, später Mitherausgeber, der traditionsreichen Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde des Ermlands (ZGAE). Für die Beihefte der ZGAE war Karp ebenfalls als Herausgeber tätig.

Im Vorstand des Historischen Vereins setzte sich Karp bereits viele Jahre vor dem Fall des Eisernen Vorhangs für eine enge Zusammenarbeit mit polnischen Historikern ein. Regelmäßig besuchten daher in den 1980er Jahren polnische Wissenschaftler die Mitgliederversammlungen des Historischen Vereins und trugen dort zur Geschichte des Ermlands vor. Ihre Vorträge wurden später in der ZGAE publiziert. Doch der wissenschaftliche Austausch sollte keine Einbahnstraße bleiben. 1994 war Karp der Initiator für die aktive Teilnahme von drei Vorstandsmitgliedern an einer gut besuchten Tagung zur ermländischen Geschichte in Allenstein (Olsztyn), auf der ihre Vorträge in polnischer Sprache erfolgten. Ebenfalls der Initiative von Karp war es zu verdanken, dass die Feier zum 150-jährigen Bestehen des Historischen Vereins 2006 an seinem Gründungsort Braunsberg (Braniewo) stattfinden konnte. Mit unermüdlichem Engagement und uneigennütziger Verantwortung hat Hans-Jürgen Karp den Verein in der Wissenschaft verankert und zugleich das Forschungsinteresse des HVE erweitert. Der Schwerpunkt Kirchengeschichte verlagerte sich kontinuierlich auf die Religions- und Kulturgeschichte des gesamten Preußenlandes. Die transnationale und europäischer Perspektive auf diese Region und die Einbindung polnischer, litauischer und russischer Forscher war Hans-Jürgen Karp dabei ein besonderes Anliegen. Davon zeugen neben seiner Tätigkeit im HVE die über 150 Veröffentlichungen in Form von Aufsätzen, Rezensionen oder Lexikaartikel. Erwähnt sei das letzte große Werk, die Monographie über Bischof Maximilian Kaller, das Karp gemeinsam mit Rainer Bendel 2017 veröffentlichte. Sein jahrzehntelanges Wirken wurde schon 2010 in der polnische Tageszeitung Gazeta Osztyńska gewürdigt, die ihn als „fundierten Historiker Ermlands und Freund Polens“ bezeichnete.

Als Karp 2014 den Vorsitz an Prof. Dr. Hans-Jürgen Bömelburg übergab, waren die Weichen für das heutige Erscheinungsbild des Historischen Verein gestellt. Unter Karps Ägide unterzog sich der Verein, nicht ohne interne Widerstände, einer tiefgreifenden Transformation, die 2009 nach außen sichtbar wurde durch die Einbindung polnischer Wissenschaftler in den Vereinsvorstand. Wie kein anderer seiner Nachkriegsvorsitzenden hat Hans-Jürgen Karp den Historischen Verein geprägt und sich damit große Verdienste erworben. Aufgrund dessen ernannte ihn die Mitgliederversammlung 2018 zum Ehrenvorsitzenden.

Hans-Jürgen Karp verstarb am 29.10.2023 nach kurzer schwerer Krankheit in Hamburg im 89. Lebensjahr.

 

Die Vorstandschaft des Historischen Vereins

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